Agrarökologie auf dem Vormarsch
Kleinbauernfamilien gehen neue Wege
Für die Mehrheit der Kleinbauernfamilien im indischen Bundesstaat Odisha sind ausgelaugte Böden, niedrige Erträge und Einkünfte, hohe Verschuldung, fehlender Zugang zu Märkten und Krediten trauriger Alltag. Im Rahmen des Projekts Back2Back arbeitet Aqua Alimenta gemeinsam mit der lokalen Partnerorganisation i-Concept Initiatives (i-CI) und einer Zielgruppe von über 5000 Kleinbauernfamilien darauf hin, eine ökologisch verantwortungsvolle und produktive kleinbäuerliche Landwirtschaft als erfolgreiches Geschäftsmodell zu etablieren. Die Förderung agrarökologischer Praktiken, bewässerter Gemüseanbau sowie die Stärkung von Bauernorganisationen und Produzentinnengruppen zur gemeinschaftlichen Vermarktung ihrer Produkte bilden die Grundpfeiler des Projekts.

Das Projekt Back2Back verfolgt das übergeordnete Ziel, durch die Förderung des agrarökologischen Landbaus und angepasster Kleinbewässerung die Ernährungssicherheit im indischen Bundesstaat Odisha zu verbessern. Seit dem Projektstart im Jahr 2017 unterstützt Aqua Alimenta in Zusammenarbeit mit der lokalen Partnerorganisation i‑Concept Initiatives (i-CI) insgesamt 47 ländliche Gemeinden in fünf Distrikten Odishas. Dabei liegt der Hauptfokus auf der Einführung nachhaltiger landwirtschaftlicher Praktiken, die essenziell sind, um den klimatischen und wirtschaftlichen Herausforderungen langfristig erfolgreich zu begegnen. Über alle drei Phasen hinweg erreicht das Projekt mehr als 5000 Kleinbauernfamilien.
Wachsendes Interesse: Agrarökologie gewinnt an Boden
In einer jährlich durchgeführten Befragung der Allianz Sufosec wurde die Verbreitung der 18 wichtigsten agrarökologischen Methoden untersucht. Im Laufe des Projekts stieg der Anteil der Kleinbauernfamilien, die nachhaltige Wasser- und Bodenbewirtschaftungspraktiken anwenden, stetig an. Inzwischen setzen im Durchschnitt vier von fünf Bauernfamilien die erlernten agrarökologischen Methoden in die Tat um. Während 80% der Familien Agroforstwirtschaft betreiben und 87% ausgewogene Fruchtfolgen einhalten, haben 94% ihre Kulturen diversifiziert. Neben agrarökologischer Anbaumethoden fördert das Projekt auch den bewässerten Gemüseanbau: Durch die Installation von 1427 Kleinbewässerungsanlagen konnten die Bäuerinnen und Bauern auf einer Gesamtfläche von 338 Hektar auch in der Trockenzeit regelmässig ernten, sich ausgewogener ernähren und Überschüsse verkaufen.

Für die erfolgreiche Einführung und Verbreitung der nachhaltigen landwirtschaftlichen Praktiken kommt dem Ausbildungs- und Demonstrationszentrum für Agrarökologie in Pipili, dem Maa Mati Campus, eine ganz besondere Bedeutung zu. Der 2017 gegründete und von der indischen Regierung als Ausbildungszentrum anerkannte Campus dient zahlreichen Kleinbauernfamilien, um Wissen auszutauschen und die neuen Anbauweisen zu erproben und zu erlernen. Mit seiner aussergewöhnlichen Ausstrahlungskraft ist der Maa Mati Campus aber auch ein Anziehungspunkt für Regierungsvertreter, andere im Bereich Agrarökologie tätige Organisationen bzw. Institutionen sowie mögliche Projektpartner.
Capacity Development: der Motor für Veränderung
Mit bereits 260 durchgeführten Schulungen, an denen insgesamt 5534 Bäuerinnen und 4993 Bauern teilnahmen, haben die Kleinbauernfamilien, ihre agrarökologischen Fertigkeiten erheblich gestärkt. Ausserdem bildeten sich 1064 Kleinbäuerinnen über eine gesunde Ernährung und den Nährwert von Kulturpflanzen weiter, um ihre Familien ausgewogen zu ernähren und der weit verbreiteten Mangelernährung entgegenzuwirken.
Neben kontinuierlicher Ausbildung werden die Projektteilnehmenden auch dabei unterstützt, ihre Produkte über formelle Bauernorganisationen (Farmer Producer Organisations) und Produzentinnengruppen zu besseren Konditionen zu verkaufen. Im Jahr 2023 zählten die 11 offiziell registrierten Bauernorganisationen bereits über 4200 Mitglieder und mehr als 300 Bäuerinnen haben sich zu 50 Produzentinnengruppen zusammengeschlossen. Sie verkaufen aber nicht nur ihre Produkte, sondern realisieren auch vielfältige Geschäftsideen, die vom Bau eines solarbetriebenen Kühlhauses über die Eröffnung von Verkaufsläden und Baumschulen, die Weiterverarbeitung von Ernteerzeugnisse, bis hin zur Fisch-, Hühner- und Pilzzucht reichen. Immer selbstbewusster knüpfen sie zudem Beziehungen zu Regierungsstellen und anderen Organisationen, um zusätzliche finanzielle Ressourcen zu mobilisieren.

Von existenzieller Bedeutung: Klimaresilienz stärken
Die ganzheitlichen Ansätze der Agrarökologie stärken zweifellos die Widerstandsfähigkeit der Bäuerinnen und Bauern. Dennoch können Extremwetterereignisse ihr Leben auf den Kopf stellen – häufiger als je zuvor. An der Ostküste Indiens nehmen tropische Wirkbelstürme, Hitzewellen, Dürren und Starkniederschläge aber nicht nur an Häufigkeit, sondern auch an Intensität zu. Welche unglaubliche Zerstörungskraft von Wirbelstürmen ausgeht, führte 2019 der Zyklon «Fani» vor Augen: Er fegte über Odisha hinweg und hinterliess eine Schneise der Zerstörung. Auch in drei Projektdistrikten und am Maa Mati Campus richtete er grossen Schaden an. Angesichts der Notlage hatte als Erstes die Wiederherstellung der Lebensgrundlagen Priorität. Im Anschluss stand die Stärkung der Resilienz der Bauernfamilien auf dem Programm. 20 Dörfer, die über den Klimawandel sensibilisiert wurden, entwickelten Pläne für das Katastrophenmanagement und bildeten Katastrophenkomitees aus. Ausserdem wurden Gefahrenszenarien entwickelt, um klimabedingte Risiken in Zukunft besser antizipieren und bewältigen zu können.
Kraft der Allianz: gemeinsam Grosses erreichen
Obwohl sie erst im Jahr 2022 ins Leben gerufen wurde, hat sie Grosses vor: Die «Odisha Organic Farmer Alliance» (OOFA) möchte sich – über ganz Odisha hinweg – für eine ökologische Landwirtschaft stark machen. Auf Distrikt-Ebene führte die OOFA bereits erste Sensibilisierungsmassnahmen durch und organisierte mit wichtigen Stakeholdern und Interessengruppen Treffen, um sie über die Ziele der Allianz zu informieren und zum Mitwirken zu motivieren. Dadurch soll der politische Dialog gefördert und der Übergang zu nachhaltigen landwirtschaftlichen Praktiken unterstützt werden. Langfristig möchte sie auf der Ebene des Bundesstaates politischen Einfluss nehmen. Damit die Allianz an Momentum gewinnen kann, wird sie ihre Ziele beharrlich weiterverfolgen.

Weiter im Takt!
Die bisher erzielten, beachtlichen Projektfortschritte stimmen zuversichtlich. Mithilfe nachhaltiger Anbaumethoden und angepasster Bewässerung gelingt es den Bäuerinnen und Bauern, die Produktivität auf ihren Äckern zu steigern und somit ihre Ernährung und Lebensgrundlage zu verbessern. Anstelle weniger Kulturpflanzen und anfälliger Monokulturen besinnen sie sich wieder auf eine Vielfalt von Feldfrüchten und einheimisches Saatgut. Auf diese Weise verringern sie ihre Verletzlichkeit gegenüber den unvermeidlichen Folgen des Klimawandels. Die in Organisationen und Gruppen zusammengeschlossenen Bäuerinnen und Bauern zeigen mit ihren florierenden Geschäftstätigkeiten, dass die kleinbäuerliche Landwirtschaft ein profitables Geschäftsmodell sein kann.
Dank der zwei besonderen Trümpfe, dem Maa Mati Campus und der «Odisha Organic Farmer Alliance», wird Back2Back künftig eine noch grössere Wirkung entfalten. Während das Ausbildungs- und Demonstrationszentrum die Erfolge für alle Interessierten sichtbar und zugänglich macht, sorgt die Allianz dafür, dass die agrarökologische Bewegung weit über die Interventionszonen hinaus an Dynamik gewinnt.
Die aktuelle dritte und letzte Projektphase baut auf dem bisher Erreichten auf, soll aber noch gezielter auf die Bedürfnisse der gefährdeten Gruppen (indigene Bevölkerung, Frauen, Kinder) eingehen. Fest steht: Bis Ende 2026 bleibt viel zu tun! Wir von Aqua Alimenta sind auf die weitere Entwicklung des Projekts Back2Back gespannt.
Fläche: 3’287’263 km²
Projektinformationen
Partnerorganisation vor Ort: i-Concept Initiatives, Bhubaneswar, Indien
Projektort: Distrikte Puri, Kendrapara, Dhenkanal, Nayagarh, Bolangir, Bundesstaat Odisha, Indien
Projektzeitraum: 01.01.2017 – 31.12.2026
Projektkoordination: Dieter Imhof, Programmleitung Aqua Alimenta
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