Endlich genug zu essen für die ganze Familie
Bis 2015 führten Jean Marie und Eliane Rakotondrahasy mit ihren fünf Kindern ein karges Leben. Das änderte sich mit dem Beitritt zu einer Solidaritätsgruppe, die von TSANTA begleitet wird, einer Partnerorganisation von Fastenaktion auf Madagaskar. Dank innovativer Landwirtschaftstechniken haben sie heute genug zu essen, eine stabile Einkommensquelle – und Hoffnung.
Das Leben der siebenköpfigen Familie Rakotondrahasy war lange Jahre von Herausforderungen geprägt. Sie lebte in einem gerade mal zwölf Quadratmeter grossen Häuschen und verdiente ihren kargen Lebensunterhalt mit dem Verkauf von Holz. Mit etwas Glück konnte sie drei Säcke à 50 Kilo pro Tag verkaufen, was ihnen 900 Ariary einbrachte (rund 20 Rappen). Das reichte gerade mal für ein halbes Kapok Reis, was ein Gefäss von etwa 150 Millilitern füllt.
«Sehr wenig für unsere grosse Familie», erzählt Jean Marie Rakotondrahasy. Obwohl er und seine Frau Eliane sich abrackerten, fehlte es nicht nur an Essen, sondern auch an Geld. Das alles änderte sich, als die Familie 2015 in das Dorf Tsarazaza Mandimby im Distrikt Antsirabe II. umzog, eine Gemeinde südlich der madagassischen Hauptstadt Antananarivo, wo sie etwas Land von seinen Grosseltern geerbt hatten.

Besseres Leben dank Agrarökologie und Solidaritätsgruppe
Dort schöpften sie neue Hoffnung – nicht zuletzt dank Rafaly Ratsoahelilala. Sie leitet seit 2015 die NGO TSANTA (kurz für Tsinjo Ainja Antananarivo; Tsinjo Ainja bedeutet “das Leben absichern”), eine Partnerorganisation von Fastenaktion. «Madame Lala brachte uns die Grundlagen der agrarökologischen Landwirtschaft bei und öffnete uns so den Weg für eine bessere Zukunft», sagt der heute 42-jährige Rakotondrahasy. «Das bis anhin brachliegende Land der Grosseltern wurde zu fruchtbarem Boden, auf dem wir Reis und eine Vielzahl von Gemüsesorten wie etwa Süsskartoffeln anbauen.»
Dies alles geschah im Rahmen einer Solidaritätsgruppe, in der sich die Dorfbewohner:innen gegenseitig unterstützen. «Dank dem neuen Wissen konnten wir schon nach einem Jahr die Früchte unserer Arbeit ernten», berichtet Rakotondrahasy stolz. Neu stehen nun auch Olivenbäume und Pinien am Rande der Felder. Das alles verbesserte nicht nur ihre Einkommenssituation, sondern auch ihre Ernährungssicherheit und -vielfalt. So konnten sie bereits in der ersten Jahreshälfte 2024 so viele Lebensmittel produzieren und einlagern, dass sie sich für den Rest des Jahres nicht zu sorgen brauchen. Und alles, was sie darüber hinaus produzieren, können sie verkaufen und so ihr Einkommen verbessern.

Hunger und Wucherzinsen
Das ist umso bemerkenswerter als über die Hälfte der Bevölkerung von Madagaskar unter mässiger bis schwerer Ernährungsunsicherheit leidet, drei Viertel der Menschen leben unter der internationalen Armutsgrenze von 2.15 US-Dollar pro Tag. Viele sind gezwungen, Kredite zu Wucherzinsen bei Geldverleihern aufzunehmen, die sie meist in Naturalien abzahlen.
«Die Verschuldung der Bauern und Bäuerinnen ist eine Plage, die unsere Gemeinschaften weiter verarmen lässt», sagt die heute 60-jährige Rafaly Ratsoahelilala. «Während der Erntezeit verkaufen die Bauern ihren Reis zu sehr niedrigen Preisen, weil sie unbedingt Geld brauchen.» Dieser Reis fehle ihnen dann in der Trockenzeit, wo sie gezwungen seien, selbst Reis einzukaufen – zu exorbitanten Preisen. «Inflation und Klimaerwärmung verschärfen diese Situation», ergänzt Lala. «Sie verringern die Ernten und verschlimmern die Armut.»
Den Hunger reduziert, aber noch nicht besiegt
Die NGO TSANTA gibt mit ihren Projekten Gegensteuer. «Seit 2015 haben wir es geschafft, Mangelernährung und Hunger in unserer Region von 65% auf 57% zu senken», hält Ratsoahelilala fest und zitiert dabei die Food Insecurity Experience Scale. «Dennoch bleibt der Hunger ein ständiges Problem, und es liegt noch ein langer Weg vor uns.»
Die auf traditionellen Werten basierenden Solidaritätsgruppen sind besonders effektiv für die Verbesserung der Ernährungssouveränität und der finanziellen Situation. «Sie helfen den Mitgliedern, ihre Schulden abzubauen, denn diese können im Notfall bei der Gruppe günstige Darlehen beziehen und sind nicht mehr auf die Geldverleiher angewiesen.» Die Förderung von agrarökologischen Techniken verbessere zudem die Lebensmittelproduktion nachhaltig und helfe bei der Anpassung an die Klimaerwärmung.

Transformation von Familien und Gemeinschaften
Das von Fastenaktion unterstützte Projekt erreicht derzeit etwa 10’000 Menschen in den Regionen Antsirabe II., Analamanga, Vakinakaratra und Itasy, mehr als die Hälfte sind Frauen. «Und unsere Bemühungen gehen über den reinen Kampf gegen die Verschuldung hinaus», betont Rafaly Ratsoahelilala. «Wir wollen ganze Solidaritätsnetzwerke schaffen.» Der Einfluss der Projektarbeit sei in vielen Dörfern spürbar. Eine ländliche Gemeinde habe sich gar komplett von Schulden befreien können. «Diese Transformation zu sehen, ist unglaublich befriedigend.»
Eine solche Transformation hat auch die Familie von Jean Marie Rakotondrahasy erlebt. Sein ältester Sohn, Tanjona (22), arbeitet heute erfolgreich in einem Unternehmen, das Teigwaren herstellt; die anderen Kinder gehen zur Schule. Ihre Eltern derweil planen, die landwirtschaftliche Produktion zu vervielfachen. Damit möchten sie sich ein eigenes Haus leisten – und ein Zebu-Rind, ein Symbol des Wohlstands in der Region.
«Das Projekt hat unser Leben verändert», sagt Rakotondrahasy, der heute optimistisch in die Zukunft blickt. «Wir sind entschlossen, alle Herausforderungen zu meistern und eine bessere Zukunft für die kommenden Generationen zu schaffen.»

Madagaskar
Einwohner*innen: 30 Mio.
Fläche: 587’041 km²
Projektinformationen
Projektkoordinator Organisation: Tobias Buser
Partnerorganisation vor Ort: NGO TSANTA
Projektlaufzeit: 2023 – 2024 (das Projekt begann 2015 und wird voraussichtlich weitergeführt)
Weitere Informationen
https://fastenaktion.ch/country/madagaskar/
https://fastenaktion.ch/solidaritaetsgruppen/
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