Vétérinaires sans frontières Suisse | Ernährungsbericht 2024 | Case Report Christian Heuss 10. Oktober 2024

Fünf Hühner und ein Hahn

nachhaltige Lösungen gegen den Hunger in Zeichen der Trockenheit

Kenia besteht zu 80% aus Trocken- und Halbtrockengebieten und hat entsprechend nur eine geringe landwirtschaftliche Produktivität. Das Land sieht sich mit einer steigenden Ernährungsunsicherheit konfrontiert, die durch den Klimawandel und insbesondere schwankende Niederschlagsmengen verschärft wird. Mit ihren Projekten unterstützt Vétérinaires Sans Frontières Suisse betroffene Gemeinschaften in Kenia seit dem Jahr 2000.

Der Bezirk Isiolo im Zentrum des Landes wird hauptsächlich von nomadischen und halbsesshaften Gemeinschaften bewohnt, deren Lebensgrundlagen in hohem Masse von der Viehzucht abhängen. Diese Gemeinschaften leiden besonders unter den Auswirkungen des Klimawandels. Zwischen 2017 und 2023 führten schwere Dürren zu Verschlechterung und Knappheit der natürlichen Ressourcen, Viehverlusten, geringeren landwirtschaftlichen Erträgen und erhöhter Ernährungsunsicherheit. Dies schürte Konflikte zwischen den Gemeinschaften um den Zugang zu den knappen Ressourcen.

Das DRIC-Projekt

Um diesen Herausforderungen zu begegnen, startete VSF-Suisse zusammen mit einem Konsortium von in der Region ansässigen NGOs Ende 2019 das Projekt Building Drought Resilience in Isiolo County through Sustainable Livelihoods (DRIC). Das Projekt, abgeschlossen im März 2024, zielte darauf ab, nomadische und halbsesshafte Viehzüchter:innen in den Bereichen Futtermittelproduktion, Viehzucht und tiermedizinische Versorgung zu unterstützen.

Die Wichtigkeit der Viehzucht in der Region zeigt sich anhand einer im März 2024 durchgeführten Umfrage: Von 467 am Projekt teilnehmenden Haushalten, waren 399 (85%) in die Viehzucht involviert. Die zuvor genannten Bereiche wurden mit Massnahmen zum Kapazitätsaufbau, zur wirtschaftlichen Stärkung und zur Diversifizierung der Lebensgrundlagen ergänzt.

Ziel des Projekts war es, die Widerstandsfähigkeit von Mensch und Tier gegenüber Dürren zu erhöhen und die Ernährungssicherheit zu verbessern. 5’218 Haushalte, oder rund 30’000 Personen, haben am Projekt teilgenommen.

Irene Wangoi wendet bei der Geflügelzucht mehrere agrarökologische Praktiken an.

Agrarökologie als Lösung

Die Agrarökologie spielte eine Schlüsselrolle für den Erfolg des Projekts. So haben die teilnehmenden Haushalte die für sie passendsten agrarökologische Praktiken erlernt und angewendet – mit äusserst positiven Auswirkungen auf ihre Ernährungssicherheit. Die Umfrage unter den Haushalten ergab, dass die Rate der Ernährungsunsicherheit von 73% im Jahr 2021 auf nur 16% im Jahr 2023 zurückging, was die signifikante Wirkung des Projekts unterstreicht.

Gleichzeitig führten die Schulungen zur Viehhaltung in Zusammenarbeit mit dem Veterinäramt des Bezirks Isiolo zu einer besseren Behandlung von Krankheiten. So konnten fast 90’796 Tiere entwurmt und geimpft werden. Durch die Verbesserung der Gesundheit der Herden steigerte sich die Milchproduktion. Die erhöhte Milchproduktion sowie die Möglichkeit, Fleisch zu produzieren und Tiere zu verkaufen, um andere Lebensmittel zu kaufen, ermöglichte es den Haushalten, ihre Ernährung zu diversifizieren.

Dies trug massgeblich zur Reduzierung von Mangelernährung bei Müttern und Kindern in den teilnehmenden Haushalten bei. Die Einnahme von Vitamin A, das für das Wachstum und die Entwicklung von Kindern sowie für die Gesundheit von Müttern entscheidend ist, aus tierischen Erzeugnissen wie Milch und Fleisch stieg zwischen 2019 und 2024 bei Kindern im Alter von 6 bis 11 Monaten von 67 % auf 95 %. Gleichzeitig sank der Anteil der Haushalte mit Mangelernährung zwischen 2023 und 2024 von 23,9 % auf 5 %.

Der stellvertretende Gouverneur von Isiolo, Dr. James Lowasa, sagte zum Abschluss des Projektes: «Als Regierung sind wir VSF-Suisse dankbar für die hervorragende Arbeit, die sie geleistet haben, um die Auswirkungen der letzten Dürren auf die Lebensgrundlagen unserer Bevölkerung zu mildern». Agrarökologische Ansätze, wie die Integration der Viehzucht mit der Pflanzenproduktion und der Übergang zu agropastoralen Systemen, die Praktiken wie die Geflügelzucht fördern, haben die Ernährungssicherheit erhöht und die Gemeinden widerstandsfähiger gegenüber klimatischen Herausforderungen, insbesondere häufigen Dürren, gemacht.

Tierische Produkte wie Milch tragen zur Verringerung von Mangelernährung unter Kindern bei.

Zeugnis einer echten Wirkung

Ein Beispiel für die positiven Auswirkungen des Projekts auf die Lebensgrundlagen der Projektteilnehmenden ist die Förderung der lokalen Geflügelzucht. Während 2020 nur 20% der Haushalte Hühner hielten, waren es 2024 38%. Die Teilnehmenden erhielten anfangs fünf Junghennen und einen Hahn und erhöhten ihren Bestand bis heute im Schnitt auf 100 Hühner.

Frau Irene Wangoi erzählt: «Ich bewundere die Geflügelzucht seit meiner Kindheit. Im Rahmen des Projekts wurde ich in der Hühnerzucht ausgebildet und konnte kaufmännische Fähigkeiten erlernen. Um die Herausforderung der hohen Futterkosten zu meistern, begann ich mit der Zucht von schwarzen Soldatenfliegen, um das Futter der Hühner zu ergänzen. Die Reaktion der Hühner auf das Futter war positiv, mit einem schnelleren Wachstum der Küken, einem verbesserten Körpergewicht und einem höheren Legeprozentsatz.»

Veränderung des Anteils der am Projekt teilnehmenden Haushalte, die agrarökologische Praktiken anwenden.

Irene wendet mehrere agrarökologische Praktiken an, die in einer Studie der Hochschule für Agrar-, Forst- und Lebensmittelwissenschaften HAFL nachgewiesen wurden: effiziente und sparsame Wassernutzung für die Bewässerung, Diversifizierung der Kulturen sowie Integration der Tierhaltung in die Produktion von landwirtschaftlichen Erzeugnissen. Sie betreibt hydroponische Landwirtschaft für Algenfarne (Azolla), Gerste und andere Getreidesorten, um ihre Hühner zu füttern, und nutzt die Larven der Schwarzen Soldatenfliege als Nahrungsergänzungsmittel.

Diese Innovationen haben ihr geholfen, finanziell unabhängig zu werden. Die Geschichten von Menschen wie Irene veranschaulichen, wie agrarökologische Ansätze die Nutztierhaltung verbessern, die Widerstandsfähigkeit gegen Dürren stärken und zu einer nachhaltigen Ernährungssicherheit beitragen.

Kenia
Einwohner*innen: 54 Mio.
Fläche: 580.367 km²

Projektinformationen

Partnerorganisation vor Ort: Vétérinaires Sans Frontières Suisse
Projektkoordinator: Dr. Davis Ikiror
Link zum Projekt: https://www.vsf-suisse.org/project/dric/

 

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