Zwischenbilanz 2023 ehupuguw 30. September 2023

Zwischenbilanz 2023

Erfolge im Kampf gegen den Hunger

Zwischenbilanz, 16. Oktober 2023, Welternährungstag

Zum gemeinsamen Programm der Allianz Sufosec gehört eine kontinuierliche, systematische Überprüfung der Wirkung der Projekte. Anlässlich des Welternährungstages vom 16. Oktober 2023 hat die Allianz Sufosec nun eine erste Zwischenbilanz vorgestellt. Sie fällt erfreulich positiv aus: Trotz weltweiten Krisen wie COVID-19-Pandemie, Ukrainekrieg und Klimawandel kann die Allianz erste messbare Erfolge nachweisen.

Erste Erfolge
Ernährungssicherheit
Eine positive Wirkung des Allianzprogramms zeichnet sich ab: An 32 untersuchten Standorten in 18 Programmländern sank die Ernährungsunsicherheit von 72 % bei Programmstart auf 65 % im Jahr 2022.
Agrarökologie
Die Einführung agrarökologischer Anbaumethoden in den Sufosec-Programmgebieten, um ein nachhaltiges, gerechtes und gesundes Ernährungssystem zu erreichen, ist vielversprechend und trägt nachweislich zu einer besseren Ernährungssicherheit bei: Seit Programmbeginn haben insgesamt 91’000 Haushalte mindestens eine nachhaltige Anbaumethode eingeführt. 2022 wendeten die befragten Haushalte durchschnittlich neun unterschiedliche agrarökologische Anbaumethoden an. Deutlich zugenommen haben zudem die Haushalte, welche Ackerbau und Viehzucht kombinieren.
Empowerment

Nachhaltige Verbesserungen der Ernährungssicherheit sind nur möglich, wenn es gelingt, benachteilte Menschen und Gemeinschaften zu stärken. Seit Programmbeginn hat die Allianz über 500’000 Menschen befähigt und gestärkt, ihre Situation eigenständig zu verbessern. Über 100’000 Frauen und Männer aus besonders benachteiligten Gruppen haben sich organisiert, um für ihre Rechte einzustehen und an relevanten Entwicklungsprozessen teilzuhaben.

Gleichstellung

Die Allianz unternimmt große Anstrengungen, um die Gleichstellung der Geschlechter zu fördern, denn sie erweist sich als wichtiger Schlüssel zur Überwindung des Hungers. Der durchschnittliche Anteil von Frauen in Führungspositionen bei 213 Partnerorganisationen ist von 44 % im Jahr 2021 auf 48 % im Jahr 2022 gestiegen.

Handlungsbedarf

Mit dem Entwicklungsziel Nr. 2 (SDG 2 – Zero Hunger) zielt die «Agenda 2030» für nachhaltige Entwicklung der UNO darauf ab, den Hunger zu beenden, Ernährungssicherheit zu erreichen und die Ernährung zu verbessern. Wir haben noch sieben Jahre Zeit, um die nachhaltigen Entwicklungsziele der Agenda 2030 zu erreichen. Doch die Zwischenbilanz ist alarmierend; seit 2015 ist der Hunger wieder auf dem Vormarsch: gemäss Welthunger-Index sind heute 735 Millionen Menschen unterernährt. Die zahlreichen aktuellen Krisen haben viele der Errungenschaften der Armutsbekämpfung der letzten Jahre zunichte gemacht. Heute sind 42 % der Haushalte weltweit nicht in der Lage, sich eine gesunde und nahrhafte Ernährung zu leisten. Hunger ist sowohl eine Ursache als auch eine Folge von Armut. Den Haushalten, die in diesem Teufelskreis gefangen sind, fehlt es an Gesundheit, Bildung und Einkommen, um sich selbst aus der Armut zu befreien.


Um wirksam zum Erreichen der Ziele der Agenda 2030 für eine nachhaltige Entwicklung beizutragen, müssen Ressourcen gebündelt und die Zusammenarbeit in Allianzen und Netzwerken intensiviert werden. Das entspricht genau der Mission der Allianz Sufosec, um positive Veränderungen für benachteiligte Menschen und Gemeinschaften zu bewirken, nach dem Motto «leave no one behind».

ZIELE

Das gemeinsame internationale Programm Sufosec 2021-2024 umfasst die Programme der sechs Allianzorganisationen und ihrer rund 250 Partnerorganisationen in 34 Ländern. Unter dem übergeordneten Ziel, die lokalen Lebensgrundlagen durch agrarökologische Transformation und gestärkte Gemeinschaften zu sichern, verfolgte das vierjährige Programm fünf konkrete Haupt-Ziele, welche zur Erreichung von rund neun Entwicklungszielen der Agenda 2030 beitragen.

Wirkung –
Resultate und Beispiele
2021 - 2022
In den ersten zwei Jahren des Programms haben fast tausend Mitarbeitende der Allianz-Organisationen und ihrer Partnerorganisationen an insgesamt 32 gemeinsamen Lernveranstaltungen zu den Themen Agrarökologie, Local Ownership, Triple Nexus, Gender Equality/PSEAH und anderen teilgenommen. In einzelnen Ländern wie dem Tschad, Kolumbien, Madagaskar, Kenia oder der zentralamerikanischen Region hat die Allianz Programmsynergien identifiziert, die nun fruchtbar gemacht werden sollen. Dank eines gemeinsamen Monitoring- und Evaluierungssystems kann nach zwei Jahren festgestellt werden, dass die Ernährungsunsicherheit im Programmgebiet trotz der globalen Krisen reduziert werden konnte, und dass 91’000 kleinbäuerliche Haushalte im Rahmen des Programms neue agrarökologische Methoden anwenden und damit zu widerstandsfähigeren lokalen Ernährungssystemen beitragen. Diese Erfolge sind noch höher einzustufen, wenn man bedenkt, wie sich die weltweiten Rahmenbedingungen gleichzeitig verschlechtert haben: COVID-19-Pandemie, Ukrainekrieg, beschleunigter Klimawandel usw.
Durch die Anwendung einer Nexus-Strategie (Verknüpfung der Entwicklungszusammenarbeit mit akuter Nothilfe) hat die Allianz mehr als eine Million von Katastrophen und Konflikten betroffene Menschen mit humanitärer Hilfe erreicht, vor allem im Südsudan, Äthiopien, Somalia, Myanmar und auf den Philippinen. Als Reaktion auf die COVID-19-Pandemie haben die Organisationen der Allianz medizinische, gesundheitspolitische und sozioökonomische Maßnahmen in ihre Programme aufgenommen, um gefährdete Gruppen zu schützen, die Ausbreitung der Infektion zu verhindern und die Auswirkungen von Abriegelungen zu mildern.

In den fünf definierten Zielbereichen der Allianz konnten in den ersten zwei Jahren bis Ende 2022 erste konkrete Ergebnisse erzielt und belegt werden.

Hauptziel – Kein Hunger

Die Ernährungsunsicherheit in 32 ausgewählten Gebieten des Sufosec-Programms ist gemäss einer ersten Analyse im Durchschnitt von 72 % im Jahr 2021 auf 65 % im Jahr 2022 zurückgegangen. Dennoch sind viele der untersuchten Projektgebiete nach wie vor mit extremer Ernährungsunsicherheit konfrontiert. Die Analyse zeigt, dass Sufosec weltweit in den am stärksten von Ernährungsunsicherheit betroffenen Gebieten arbeitet – und dass die COVID-19-Pandemie den Zugang der Menschen zu Nahrungsmitteln und Saatgut vorübergehend nochmals verschlechterte.
Sufosec beobachtet in seinen Agrarökologie-Projekten vielversprechende Trends: Eine Studie, die in Zusammenarbeit mit dem Zentrum für Entwicklung und Umwelt der Universität Bern durchgeführt wurde, belegt den positiven Zusammenhang zwischen der Anwendung agrarökologischer Anbaumethoden und der Ernährungssicherheit in den untersuchten Sufosec-Projektgebieten: Haushalte, die mehrere agrarökologische Methoden anwenden, waren um 22 % weniger häufig von Ernährungsunsicherheit betroffen. Seit 2021 hat die Sufosec-Allianz bedeutende Investitionen in die Förderung der Agrarökologie getätigt: Seither haben 91000 Haushalte mindestens eine neue nachhaltige Anbaumethode eingeführt. Die durchschnittliche Anzahl der angewandten agrarökologischen Methoden pro Haushalt ist innert zwei Jahren von 5 auf 9 Methoden gestiegen.

Ausgewählte Erfolge der Allianz

  • In Kenia und Tansania gelang es Fastenaktion und SWISSAID die Fähigkeiten von Kleinbauernhaushalten, ihre eigenen Nahrungsmittel zu produzieren, merklich zu verbessern. Mit verschiedenen Ansätzen konnte die agrarökologische Produktivität gesteigert werden: unter anderem mittels Wissensvermittlung, Bauernnetzwerken, Demonstrationsbetrieben, Smartphone-Apps, hochwertigem Saatgut sowie Marketing- und Geschäftsinitiativen.

  • Das 13-jährige Engagement von Vivamos Mejor in Brasilien zeigt, dass die ganzjährige Verfügbarkeit von Wasser zu einer gesteigerten Nahrungsmittelproduktion und einer verbesserten Widerstandsfähigkeit gegen Klimaschocks beiträgt, was wiederum zu höheren Haushaltseinkommen führt.

  • In Madagaskar begleitet Aqua Alimenta Ausbildungszentren für Bauern in Stadtrandgebieten im Bereich Agrarökologie. Es wird festgestellt, dass eine große Anzahl von Landwirten trotz widriger Rahmenbedingungen die erlernten Permakulturpraktiken anwendet.

  • Dank der Einführung von Methoden der Agrarökologie und der Lebensmittelproduktion in Hinterhöfen erreichte Fastenaktion mit ihren Partnerorganisationen, dass gefährdete Zielgruppen auf den Philippinen besser zu gesunden Lebensmitteln kommen.

  • In Nicaragua hat SWISSAID die Wirkung der agrarökologischen Transformation in 21 Betrieben genauer untersucht: sie sind mit der Einführung agrarökologischer Prinzipien auf Erfolgskurs.

  • In Mali lancierte VSF-Suisse ein Projekt zur Stärkung der lokalen Milch-Wertschöpfungskette. Mit Erfolg: Produktion und Verarbeitung konnten deutlich verbessert werden.

Ziel – Keine Armut
Seit Programmbeginn haben rund eine Million Menschen einen verbesserten Zugang zu grundlegenden Dienstleistungen (sauberes Wasser, Sanitärversorgung, Hygiene sowie Bildung), natürlichen Ressourcen (Wasser, Land und Wald) und wirtschaftlichen Ressourcen erhalten und ebensoviele wurden mit humanitärer Hilfe erreicht.

Ausgewählte Erfolge der Allianz

  • Im Senegal hat sich das von Fastenaktion unterstützte «Calebasse de Solidarité»-Konzept – ein gemeinschaftsbasiertes Spar- und Kreditsystem für benachteiligte Menschen – zu einer landesweiten Bewegung und einem Netzwerk entwickelt, das inzwischen von der Regierung anerkannt und mitfinanziert wird.
  • In Burkina Faso und im Südsudan haben Fastenaktion und VSF-Suisse mit integrierten Ansätzen in der Land- und Viehwirtschaft die Lebensgrundlage von Kleinbauern nachweislich verbessern können und gleichzeitig zu einer nachhaltigen Bewirtschaftung von Wald und Land beigetragen.
  • Im Bereich der Jugendentwicklung stellte Vivamos Mejor eine Wirkungsstudie unter gefährdeten Jugendlichen in Kolumbien vor, die von NADEL/ETH ausgezeichnet wurde. Die Situation der Jugendlichen konnte durch einen kombinierten Ansatz aus Arbeitsmarktvermittlung, psychosozialer Unterstützung und Soft-Skills-Training deutlich verbessert werden.
  • Nachtrag: Die Initiative «Stop the Rot» der Skat Foundation dokumentiert die schnelle Korrosion von Handpumpen und die Probleme mit minderwertigen Pumpenkomponenten in Afrika südlich der Sahara. Verbesserungsmassnahmen werden erarbeitet. Denn Funktionsstörungen führen zu drastischen Folgen und zwingen die Nutzer unter Umständen, zu verunreinigten oder weit entfernten Wasserversorgungen zurückzukehren. 
Ziel – Gestärkte Gemeinschaften

Mit dem Ziel, die Partizipation und Inklusion von benachteilten
Menschen und Gemeinschaften zu verbessern,
hat die Allianz seit Programmbeginn über
500‘000 Menschen befähigt und gestärkt, ihre Situation
eigenständig zu verbessern. Über 100‘000
Frauen und Männer aus besonders benachteiligten
Gruppen haben sich organisiert, um für ihre Rechte
einzustehen und an relevanten Entwicklungsprozessen
teilzuhaben. Beim Einbezug von Frauen in Entscheidungsprozesse
wurden auf der Ebene der rund
250 Sufosec-Partnerorganisationen gute Fortschritte
erzielt: Der durchschnittliche Anteil von Frauen in
Führungspositionen ist von 44 % im Jahr 2021 auf 48
% im Jahr 2022 gestiegen.

Ausgewählte Erfolge der Allianz

  • In Kolumbien arbeitet SWISSAID mit der Partnerorganisation Alianza por la Agrobiodiversidad zusammen. Mit positiven Ergebnissen: die Organisation verzeichnet Erfolge im politischen Dialog, zum Beispiel zur Anerkennung von lokal produziertem Saatgut.

  • In Sambia und Tansania gelangen den Partnern der Skat Foundation beachtliche Erfolge in der Berufsbildung, insbesondere mit einem SMART-Ansatz zur Stärkung der Wasser-, Sanitärversorgung und Hygiene.
Ziel – Effektive Partnerschaften
Seit Programmbeginn hat Sufosec die Organisationsentwicklung der Partnerorganisationen der Allianz im globalen Süden gestärkt und gemeinsames Lernen ermöglicht. Ende 2022 gaben 86 % der 250 befragten Partnerorganisationen an, ihre Organisation und Wirkungskraft verbessert zu haben. Wesentliche Fortschritte wurden auch in Bezug auf die Compliance-Politik der Partnerorganisationen erzielt. Zur Förderung des Wissensaustauschs hat Sufosec in den letzten zwei Jahren 32 Lernveranstaltungen mit mehr als 1000 Teilnehmenden durchgeführt. Zudem findet der kontinuierliche Erfahrungsaustausch in verschiedenen thematischen Lerngruppen statt.

Ausgewählte Erfolge der Allianz

  • Eine zu den Themen Triple Nexus / Conflict Sensitivity (CSPM) durchgeführte Konfliktanalyse zwischen Ackerbauern und Viehzüchtern im Tschad hat aufzeigt, dass der Streit um die natürlichen Ressourcen hauptsächlich in einer fehlgeschlagenen Dezentralisierungspolitik der Regierung zu suchen ist.

  • Human Rights-Based Approach: Eine Lerngruppe nutzte ein gemeinsames Projekt von Fastenaktion, VSF-Suisse zur Durchsetzung der Rechte von Kleinbauern als Lernfeld und für Schulungen.

  • Gender Equality: Ein Audit zeigte 2021 auf, dass Frauen auf den verschiedenen Ebenen der Allianz zwar gut vertreten sind; dass aber es aber in vielen Programmländern an der Basis noch wesentliche Verbesserungen braucht. Die Allianz bleibt am Thema dran.
Ziel – Sensibilisierung
Gemäss einer Schätzung haben die Allianz-Organisationen innert zwei Jahren rund 5,5 Millionen Menschen durch Sensibilisierungsmassnahmen erreicht. Der 2022 veröffentlichte «Sufosec Global Food and Nutrition Report» war die erste gemeinsame Sensibilisierungsinitiative der Allianz, um auf die steigenden Raten von Hunger und Unterernährung hinzuweisen. Der Bericht zeigt auf, wie die Organisationen der Allianz und ihre Partnerorganisationen zur Erreichung der Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung, insbesondere zum Ziel «Kein Hunger» (SDG 2), beitragen wollen. Er enthält auch die Basiserhebung der Allianz zur Ernährungssicherheit von 14’000 Haushalten in ausgewählten Gebieten des gemeinsamen Sufosec-Programms.
Ausblick in eigener Sache
Dank gemeinsamer Lernprozesse hat sich Sufosec mit seinem weltweiten Netz an Partnerorganisationen zu einer Wissensdrehscheibe entwickelt, insbesondere in den thematischen Kernbereichen Agrarökologie, Local Ownership, Triple Nexus und Gender Equality. Mit einer schlanken und dezentralisierten Struktur und einem guten Gleichgewicht zwischen lokal verwalteten Einzelprogrammen einerseits und gemeinsamen Standards andererseits ist die Allianz operativ agil und effizient. Von besonderer Bedeutung waren die gemeinsamen Systeme und Prozesse für ergebnisorientiertes Monitoring, Evaluation und Lernen, sowie für ein gemeinsames Finanzmanagement und Controlling. Die Zusammenarbeit hat sich auf allen Ebenen bewährt, sie werden sich weiter auszahlen. Auf zwei Strategieworkshops Ende 2022 einigten sich die Allianz-Organisationen frühzeitig darauf, gemeinsam in eine zweite Programmphase einzutreten. Gemeinsames Lernen, Programmsynergien und gemeinsame Dienstleistungen sollen in der nächsten Phase vertieft werden. Basierend auf den gemeinsamen Lernprozessen und einer kritischen Würdigung der bisherigen Zusammenarbeit entwickelten die beteiligten Organisationen eine gemeinsame programmatische Vision und erneuerten ihr Verständnis von Partnerschaft und Zusammenarbeit. Das künftige Programm ist das Ergebnis dieses gemeinsamen Entwicklungsprozesses. Das Programmdokument ist zurzeit in Arbeit und wird bis Ende Jahr bei der DEZA eingereicht. Nach der Zwischenbilanz gehen wir mit Motivation in die zweite gemeinsame Programmphase, um dazu beizutragen, dass die Menschen in den Ländern des Südens ihr Recht auf Nahrung verwirklichen können.